Als vor der Bundestagswahl unsere alte und künftige Kanzlerin meinte, dass wir noch nicht wissen, wie Internet geht, haben sich viele, vor allem junge Leute köstlich amüsiert. Die Kanzlerin weiß nicht wie Internet geht! Aber offenbar wissen wir wirklich nicht, wie das geht, vor allem was das Urheberrecht anbelangt.
Zitat aus Chip.de:
Das bereits im Rahmen der Redtube-Abmahnungen unrühmlich in Erscheinung getretene Landgericht Köln hat ein Urteil erlassen, das zahlreiche Website-Betreiber in die Abmahn-Falle treiben dürfte. Mit einer weltfremden Interpretation des Urheberrechts macht es aus Bilddatenbanken unkalkulierbare finanzielle Risiken.
Auf einer Internetseite wurde ein Bild aus einem (kostenlosen) Portal für Bilder eingebunden und mit der Urheberrechtsbezeichnung „Urheber/Portal“ gekennzeichnet. Der Hobbyfotograf und Urheber des Bildes meinte nun, dass diese Kennzeichnung nicht ausreichend war, weil man ja im Browser das Bild einzeln aufrufen kann und dort der Urheber nicht mehr genannt wird. Das Landgericht meinte dann gar, dass der Betreiber einer Webseite das Bild so mit einer Software bearbeiten muss, dass in jeder möglichen Form der Bildanzeige das Anklicken des Bildes auf den Urheber des Bildes führen muss. Haben sich die Verfasser dieses Urteils schon mal mit den technischen Möglichkeiten des Internets befasst? Klingt nicht so!
Letztlich würde das auch verlangen, dass selbst eigene Bilder mit Urheberrechtsvermerken versehen werden, weil man andernfalls mit Abmahnungen rechnen muss. Also bitte Leute: stellt keine Bilder mehr in das Internet! Auch keine eigenen, denn es könnte sein, dass ihr wegen fehlender Urheberechts Anmerkungen abgemahnt werdet. Wenn man etwa auf Facebook auf eine Seite verlinkt, erstellt Facebook automatisch ein Vorschaubild. Mit Rechtsklick kann das Bild allein dargestellt werden. Und schon schnappt die Abmahnfalle zu, denn in diesem Fall fehlt der Hinweis auf den Urheber.
SO war das Internet nicht gemeint und so kann Internet nicht funktionieren!
Das Bild links wollte ich eigentlich einfügen, habe es aber vorsichtshalber geschwärzt. Ich hoffe, das diese Maßnahme eine Abmahnung verhindern wird! Privat kann ich das Bild gern zugänglich machen, wenn man mir vorher rechtsverbindlich versichert, nicht abzumahnen!
Das Landgericht Köln hat sich vor kurzem schon einmal großen Ruhm eingeheimst in der Abmahnwelle für eine Pornoseite durch die Kanzlei Urmann, deren damaliger Mitarbeiter RA Deubelli war. Diese Abmahnwelle hat dazu geführt, dass einige RA Kollegen einen Ausschluss der Kanzlei aus der Rechtsanwaltskammer forderten. Der Herr Deubelli hat sich nun selbstständig gemacht und mahnt angeblich im Namen von Bildagenturen wegen widerrechtlich genutzten Bildern ab. In einigen Fällen besteht aber der Verdacht, dass die Agentur überhaupt nicht im Besitz der Rechte für das Bild ist.
Auch ich habe nun Post vom lieben Herren Deubelli bekommen, in der er die Rechte für ein winziges Bild einfordert, die aber ganz offensichtlich nicht bei der von ihm vertretenen Agentur sondern bei einer Universität liegen. Die Seite des Bildarchivs ist mir überhaupt erst durch das Schreiben des RA bekannt geworden.
Diese Webseite ist nun über mehr als 10 Jahre entstanden. Damals war das Internet noch frei und lustig. Niemand wußte, wie man mit solch einem Medium Geld verdienen kann. Nun gibt es viele legale Möglichkeiten wie Internetshops. Wer diesen Trend verpasst hat, geht unter wie das Beispiel Quelle gezeigt hat. Und offenbar auf anderem Gebiet erfolglose Anwälte stürzen sich nun in das Abmahngeschäft. Die Kanzlei Urmann hatte sogar tausende von Abmahnfällen im Internet zur Versteigerung angeboten. Man kann also Abmahnfälle kaufen und dann das Geld selbst eintreiben. Die Frage erhebt sich nun: wird hier Recht verteidigt oder hat man eine neue Möglichkeit zur Abzocke entdeckt?
Was tut nun ein armer alter Mann, der mit viel Mühe seit vielen Jahren eine private Seite betreibt, die Informationen zum Kulturaustausch zwischen Ostasien und Europa bereit stellt. Kann ich überhaupt noch wissen, welche Bilder auf der Seite nicht doch eventuell in irgendeiner Weise „abmahnfähig“ sein könnten? Soll ich die Seite ganz einstellen oder einfach nur sämtliche Bilder löschen? Also bitte nicht wundern, wenn eines Tages dort, wo Bilder sein sollten nur noch leere Stellen klaffen.
Oder muss man einen hauptamtlichen Anwalt beschäftigen, der ständig eventuelle Abmahnfallen überprüft? So macht Internet keinen Spass! Und das haben sich die Erfinder des Internets auf keinen Fall gewünscht oder auch nur im Traum befürchtet.
Ich meine, dass unsere Kulturlandschaft um einiges ärmer würde, wenn dieser Abmahwahnsinn weiter um sich greift, denn dann schweben alle Webseitenbetreiber in der Gefahr, eines Tages einen netten Brief eines Anwalts zu bekommen.
Nachtrag vom September 2014:
Leider ist der gesamte Vorgang um das winzige Bild immer noch nicht abgeschlossen. Inzwischen habe ich nach einer rechtlichen Beratung den onlineshop aus meiner Seite entfernt. Ich habe dort ohnehin nur ein paar Bücher verkauft. Aber mit einem Shop auf der Seite könnte man unterstellen, dass es sich um eine kommerzielle Seite handelt, was nicht der Fall ist.
Die Seite dient rein ideellen Zwecken. Aber die eventuellen Abmahngebühren richten sich danach, ob die Seite kommerziell ist.
Also alle Betreiber von (privaten) Webseiten: Wir befinden uns im Augenblick in einer totalen Rechtsunsicherheit was die Verwendung von Bildern betrifft. Also unbedingte Vorsicht walten lassen. Oder überhaupt keine Bilder einstellen, es sei denn, man hat sie selbst produziert.