Kriecheingang zum Taian
Nijiriguchi zu Rikyûs Taian
Durch die geöffnete Tür blickt man direkt auf die Tokonoma mit der Schriftrolle
Über der Tür das Renji mado, das Gitterfenster

"Während ich durch den Nijiriguchi des Teehauses Taian im Myôkian-Tempel kroch... spürte ich, wie Energie entlang meiner Wirbelsäule nach unten strömte. Diese Empfindung riß mich vollständig aus meinem alltäglichen Selbst heraus."

So schildert Horiguchi Sutemi, ein hervorragender Kenner von Rikyû's Teehäusern seine Empfindung, als er das Teehaus im Myôkian 妙喜庵 durch den Kriecheingang betrat.
Wohl niemand, der auf die gleiche Weise die Welt außen verläßt um ein Teehaus zu betreten, wird sich einer ähnlichen Empfindung verschließen können. Es ist, als würde man aus einer hektischen Welt der Helle und der Rastlosigkeit eintauchen in die Stille eines Dunkels, das den Menschen wieder zu seinen Ursprüngen zurückbringt.

 

Tokonoma Ro - Winterfeuerstelle Nijiriguchi - Kriecheingang Hauptraum mit 2 Tatami 1 Matten Nebenraum 'tsuginoma' mit Brett und Tana Vorbereitungsraum 'katte' Flur, Übergang in den Tempel Vordach über dem Eingangbereich und dem Kriecheingang Rikyûs Taian
Rikyû's Taian: Grundriss
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Der Tempel Myôkian liegt auf der Grenze zwischen Kyôto und Ôsaka. Das Teehaus des Tempels, das unter dem Namen Taian 待庵 - Warte-Hütte, bekannt ist, gilt als ein Werk Rikyû's und ist ein Nationalschatz. Angeblich soll Rikyû diese Hütte auf Befehl Hideyoshi's (des "Taikô") gebaut haben. Nach einer anderen Theorie war der Abt des Tempels ein Teeliebhaber und Rikyû hat diese winzige Hütte für ihn gebaut.
Um 1582, der vermutlichen Bauzeit hatte Rikyû ein Grundstück und ein Haus in der Nähe des Myôkian. Vielleicht hat Taian auch zu seinem Haus gehört und ist erst später in den Tempel versetzt worden. Für diese Theorie spricht die Tatsache, daß die Fußbodenebenen nicht übereinstimmen. Vor dem Flur, der in den Tempel führt, ist - im Teeraum durchaus unüblich - eine Schwelle, die den Höhenunterschied zwischen Teehaus und Tempel überbrückt.

Wie dem auch sei, die Hütte ist nach Rikyû's 60. Lebensjahr, als er in der Höhe seiner schöpferischen Kraft stand, gebaut worden. Sie birgt eine ganze Reihe von Neuerungen, die für den Teehausbau bis heute prägend geworden sind. Der eigentliche Teeraum hat lediglich eine Größe von 2 Tatami. Die versenkte Feuerstelle für den Winter ist in der hinteren linken Ecke des Raumes im Boden eingelassen. Vor allem aber ist hier der erste und älteste Kriecheingang zu finden. Dieser Eingang ist mit 78,8 cm Höhe und 71,5 cm Breite noch etwas größer, als es später Standart wird. Er befindet sich genau gegenüber der Tokonoma, der Schmucknische. Der Gast, der auf den Knieen durch den Eingang hindurchkriecht, verneigt sich automatisch vor der Hängerolle in der Tokonoma und erweist damit dem Schreiber der Rolle seinen Respekt.

Konstruktion

nijiriguchi - Kriecheingang Eine Schiebetür aus Holz verschließt die Öffnung, die unmittelbar über dem Boden beginnt, der wie bei jedem japanischen Haus etwa 50 cm über dem Erdboden liegt. Rikyû soll Teile einer alten Stalltür benutzt haben, weil sie seinem Ideal des Wabi am nächsten kam. Daher haben die Schiebetüren bis heute drei ungleichmäßig verteilte Nagelreihen. Mit diesen Nägeln sind innen Leisten gegen die Türbretter genagelt, um der Tür Stabilität zu geben. Auf der rechten Seite schlägt die geschlossene Tür am Eckpfosten an, links wird die Türöffnung auf ähnliche Weise begrenzt. Oberhalb der Tür ist ein "Renji mado" - ein mit senkrechten Bambusstäben versperrtes Fenster angebracht. Dieses Fenster folgt Vorbildern von Palastbauten und ist dort bereits in der Asuka-Periode zu finden. Das Fenster ist innen mit einem Shoji, einem beweglichen Papierfenster verschlossen.
Die Zeichnung zeigt über dem Nijiriguchi ein shitajimado, ein Gitterfenster, das auch im Taian erstmals auftaucht, heute aber zum Standart im kleinen Teeraum gehört.

Außenbereich

'Kan In no Seki' im Jukô In, Daitôkuji
Das Teehaus Kan In no Seki
im Jûkoin, einem Subtempel des Daitokuji, Kyôto
Kriecheingang mit Renjimado
Schwertablage (dahinter ein shitajimado)
Trittsteine und Chiriana für Gartenabfälle
Der Eingangsbereich vor dem Kriecheingang ist in der Regel mit einer Wand aus Bambus geschützt. Auf diese Weise sind die Gäste bereits vom Außenbereich in einen neuen, in sich geschützten und sehr konzentrierten Bereich getreten. Der Blick wird nicht mehr auf Dinge außerhalb abgelenkt, er konzentriert sich bereits auf den eigentlichen Eingang. Dies dient der Sammlung, bevor man endgültig den eigentlichen Teeraum betritt bzw. gebückt und auf den Knien in ihn hereinkriecht.
In der Nähe des Einganges brachte Rikyû später ein Gestell (katana kake) an, auf dem die Samurai ihre Schwerter, sowohl das Kurz- als auch das Langschwert, ablegen konnten. Auf diese Weise ließen sie nicht nur ihre kriegerische Gesinnung, sondern auch die Zeichen ihrer sozialen Stellung draußen. Wer durch den Eingang gekrochen ist, hat keine Stellung mehr, die ihn vor dem Anderen auszeichnen würde. Sein Sinn ist friedlich und harmonisch. Die Menschen im Teeraum sind, nachdem sie demütig durch den engen Eingang gekrochen sind, gleich.

Chiriana für Gartenabfälle Zum Zeichen der Reinheit säubert der Gastgeber vor dem Eintreffen der Gäste den Garten. Weil er, so unmittelbar vor dem Eintreffen keine Zeit mehr hat, die letzten Gartenabfälle zu beseitigen, gibt es in der Nähe des Eingangs eine kleine Abfallgrube, den Chiriana, in dem noch ein letztes aufgelesenes Blatt liegt, zusammen mit frisch geschnittenen Stäbchen aus grünem Bambus, mit denen die Blätter eingesammelt wurden.

Trittsteine, die entsprechend angeordnet sind, erleichtern das Hineinkriechen in den Teeraum und ermöglichen das Ablegen der Schwerter auf dem katana kake.


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