DER TEEWEG IM FEBRUAR

LIEBE MITGLIEDER, LIEBE FREUNDE DES TEEWEGES !

Ich hoffe, Sie alle haben das Jahr des Hundes ebensogut wie wir in Oberrüsselbach angefangen. Wir hatten das alte Jahr mit einer Teezeremonie verabschiedet und das neue Jahr mit 108 Glockenschlägen begrüßt, so wie es in den japanischen Tempeln üblich ist. Dann haben wir, noch kurz nach Mitternacht das neue Jahr wieder mit einer Teezeremonie begrüßt.
Und so hat denn auch das neue Jahr gut für uns angefangen. Wir hatten mehrfach Besuch von Journalisten. Die NZ hat einen Artikel über unser Teehaus gebracht, der Bayerische Rundfunk einen Bericht mehrfach gesendet. Derzeit wird ein Bericht vorbereitet, der in einer von der Bundesregierung geförderten website erscheinen soll, sogar auch in japanischer Sprache. Selbstverständlich haben wir die ganze Zeit über Unterricht im Teeweg gehalten. Viele Gäste haben uns in unserer Bergklause besucht, zuletzt sogar Teeschüler aus Ungarn.

Frühling im Februar?

Inzwischen begrüßen wir schon den Frühling in unserem Teehaus. Obwohl der Februar noch große Kälte bringt, ist er in Japan der Monat, in dem der Frühling beginnt und in dem die Winterpflaume zaghaft ihr Blüten zeigt. Der alte Name für den Monat Februar - Kisaragi - zeigt diese Doppeldeutigkeit.
Das Wort "gotoshi" wird im Monatsnamen zusammen mit dem Schriftzeichen für den Monat als "Kisaragi - eine weitere Schicht anziehen" gelesen. Es ist immer noch kalt, die Räume werden innen allmählich feucht, so daß man gern unter dem Kimono noch eine weitere wärmende Schicht anlegt.
Aber Kisaragi kann auch ganz anders gelesen werden.
Kisaragi läßt sich etymologisch aber auch herleiten von Kosei, Wiedergeburt.
Kisaragi ist dann die allmähliche Rückkehr von Wärme und Leben und die Wiedergeburt von Bäumen und Pflanzen und Gräsern.

Beides zusammen konnten wir in diesem Monat erleben. Es gab noch einmal eine große Kälte. Unser Teehaus in Oberrüsselbach war tief verschneit. Es fiel soviel Schnee, dass sogar das Telefonkabel unter der Schneelast gebrochen ist und wir ein paar Tage von der Außenwelt abgeschnitten waren.

Kasumi tachi
ko no me mo haru no
yuki fureba
hana naki sato mo
hana zo chirikeru
Dunst steigt auf,
an den Bäumen schwellen Knospen -
und da es jetzt, im Frühling schneit,
schweben auch in blütenlosen Dörfern
Blüten nieder.

Noch sind die Blüten in unserem "einsamen Bergdorf" Oberrüsselbach die Schneekristalle. Aber vom Schnee bedeckt erscheinen in Japan bald die ersten zarten Pflaumenblüten. Für Sen no Rikyû ist diese Zeit geradezu ein Ausdruck von wabi, der Schlichtheit und unscheinbaren Einfachheit, die den gesamten Teeweg prägt. Alles ist in Weiß versunken, der Farbe der Reinheit und Abgeklärtheit, die keine Farbe ist, aber alle Farben in sich birgt. Der Schnee verstärkt die Stille, die über der Landschaft liegt. Die Farblosigkeit der Landschaft spiegelt die abgeklärte Stimmung des Teeweges, in dem alle Leidenschaften zur Ruhe gekommen sind.
Nicht umsonst hat Rikyû ein Gedicht aus dem Shin Kôkin wakashû, einer mittelalterlichen Gedichtsammlung als perfekten Ausdruck von wabi empfunden.

Zeigte man doch denen,
die nur die Kirschblüten
sehnsüchtig erwarten
im einsamen Bergdorf
unter dem Schnee
die Gräser des Frühlings

Unter dem Schnee, der alles bedeckt, fangen an manchen Tagen schon die Gräser an zu sprießen. Ungeduldig warten sie auf den Augenblick, wenn die wachsende Kraft der Sonne den Schnee taut, um dann mit ganzer Kraft emporzuschießen. Ein Jahreszeitenwort im Teeweg lautet: Shita-moe. Shita ist 'unten'. Im Wort 'moe' ist das Radikal für Feuer enthalten. Unter dem Schnee brennt schon das Feuer des neu keimenden Lebens.

In Japan steht im Februar die Pflaumenblüte Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. In einem internationalen Forum über den Teeweg haben vor allem die Amerikaner diskutiert, dass sie dieser ewigen Pflaumenblüten müde seien. Schließlich ist das Klima in Amerika ganz anders als in Japan. Wir haben uns dann hingesetzt, und japanische Jahreszeitenworte für den Februar zusammengeschrieben um zu überprüfen, ob sie auch in Deutschland zutreffen. Hier unser Ergebnis:

Eine Wintergeschichte in Jahreszeitenworten.

Es scheint so, dass die klimatischen Verhältnisse in Deutschland und in Japan sehr unterschiedlich sind. Aber ist wirklich ALLES so anders? Und: Ist der Februar tatsächlich wie in Japan der offizielle Beginn des Frühlings?

Wir sitzen jetzt hier in den Hügeln der Fränkischen Schweiz.
Die Nächte sind noch sehr sehr kalt (Yosamu) und wir ziehen eine weitere Schicht über (Kisaragi).
Aber heute früh waren die Wolken am Osthimmel leuchtend rot (Shino Nome) und man wusste, es wird ein schöner Tag. Manchmal fällt sogar noch Schnee im Morgengrauen (Bosetsu), und lustige kleine Schneehauben liegen auf den Zaunspitzen hier im Dorf (Magaki no yuki). Aber er bleibt nicht mehr lange auf den Bäumen und Zweigen liegen, sondern fällt bald wieder herunter (kosue no yuki).
Das ganze Land ist zwar noch mit Schnee bedeckt (yuki guni) aber überall zeigt sich schon in den Zwischenräumen (yukima) das Gras (yukima no kusa), das frisch nach den Schmelzwasser duftet, das überall herunter rinnt (Haru no Mizu).
Der kleine Teich unten im Garten war mit einer dicken Eisschicht bedeckt, aber das Eis wird dünner und dünner (usurai). Die Vögel kommen zwar noch zu den Futterkästen, aber in der Mittagszeit zwitschern sie erwartungsvoll (saezuri), sie können den Frühling kaum noch erwarten.

Wir haben zwar in Deutschland, zumindest in dieser Jahreszeit keine roten Pflaumenblüten (Kobai), aber die Büsche und Zweige beginnen sich zu färben und zaghaft erste Knospen zu bilden. Man kann schon ahnen, dass bald aus dem Verborgenen heraus das neue Leben kommt (shitamoe).
Der Frühlingshimmel ist hell und klar (haru no sora) und das Frühlingslicht (Shunkoo ) erfrischt und reinigt unser Herz (Sen Shin) von der Dunkelheit der vergangenen Tage.

So spüren wir, trotz der Kälte und des Schnee um uns herum auch ohne die Pflaumenblüte, wie die neue Zeit kommt und alles sich wieder erneuert (Kissaragi - Kosei: Wiedergeburt).

So begrüßen wir in diesen kalten klaren Wintertagen den Frühling.

Termine in Oberrüsselbach

Unterricht im Teeweg in München und Oberrüsselbach nach Vereinbarung

März 2006  
Fr. 03.03.2006: Hinamatsuri - Puppen-oder Mädchenfest
Sa. 04.03.2006: Einführung in die Philosophie des I Ging
Philosophie Kurs Beginn
(keine Voraussetzungen) Anmeldung noch möglich. Der Kurs wird in ca. 14 tägigem Abstand jeweils Samstag nachmittag stattfinden.
Das I Ging ist im chinesischen Denken tief verwurzelt. Es ist nicht nur ein Orakel-, sondern vor allem auch ein Weisheitsbuch, dass alle menschlichen Regungen und die gesamte Natur beschreibt. Zugleich ist es die Grundlage des Fengshui. Wir lernen das Denken des I Ging und seine Bilderwelt von den Grudlagen aus kennen und verstehen.
Sa. 11.03.2006: Chaji mit Kaiseki
Eine komplette Tee-Einladung mit Kaiseki
Sa. 18.03.2006: Philosophie
Kurs Einführung in die Philosophie des I Ging
April 2006
Sa. 01.04.2006: Philosophie - Kurs
Einführung in die Philosophie des I Ging
Vorschau Mai 2006

Do. 04.05.2006 (Anreise) - So. 07.05.2006:
Philosophie - Seminar Annäherung an Dôgen

Der Zenmeister Dôgen, geboren im Jahr 1200 in Kyôto ist sicherlich der philosophischste Denker des Zen. Sein Shôbôgenzo ist voll von Geschichten und Überlieferungen aus China, wo er den Zen studiert hatte, die Erinnerungen reichen aber auch weit zurück bis nach Indien. Wir werden deshalb auch kleine Ausflüge in das indische Denken der Upanishads und des Bhagavatghita machen.
Keine Vorraussetzungen.
Achtung: bitte rechtzeitig anmelden, nur beschränkte Plätze!

Näheres zu den Kursen und Seminaren auf der hompage unter dem Menuepunkt: Unterricht.

Wir wünschen Ihnen noch einen guten Februar und einen schönen Frühling

Gerhardt Staufenbiel, Jörg Eberle, Carolin Höhn-Domin

und der TEEWEG.DE



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