Feuer: Sumi


Feuer und Holzkohle
 

Im Nambôroku, den Aufzeichnungen des Mönches Nambô gibt es drei Dinge, die für Chanoyu wichtig sind: Wasser, Feuer, Tee
"Man trägt Wasser herbei, sammelt Brennholz, erhitzt das Wasser und bereitet den Tee!"
Diese Stelle ist ein Zitat des chinesischen Klassikers P'ang, der als Laie seinen buddhistischen Übungen nachging. Er preist die ganz alltäglichen Dinge des "Wasser holen, Brennholz sammeln" als "wundervolles Wirken". In China wurde der Furo noch mit Brennholz geheizt, darum spricht P'ang's Gedicht vom Sammeln des Holzes. In Japan ersetze man das Holz durch Holzkohle, die langsamer und kontrollierter abbrennt und im Teeraum sicherer in der Handhabung ist. Die Zeile bei P'ang lautet:

Geheimnisvolle Kraft und wundervolles Wirken:
Wasser herbei tragen, Feuerholz sammeln.

Feuer anzünden, Wasser erhitzen und Nahrung kochen sind immer auch wunderbare und geradezu magische Praktiken. Genießbares wird durch Kochen bekömmlicher, Giftiges und Unbekömmliches wird umgewandelt zu heilsamer Nahrung. Immer aber ist Kochen ein fast alchemistischer Prozess der Verwandlung.

In dem gesamten Zusammenhang fällt die große Wichtigkeit der Zahl Drei auf, Wasser - Feuer - Tee, die sich immer wiederholt. Über den Tee spricht das Nambôroku nicht, er ist selbstverständlich. Aber Feuer und Wasser nehmen einen breiten Raum ein. Feuer und Wasser gehören zusammen, sie bilden im I Ging das zentrale Gegensatzpaar, das den gesamten Kosmos im Gleichgewicht hält. Scheinbar hat das Feuer eine untergeordnete Rolle: es dient dazu, das Wasser für den Tee zu erhitzen. Aber darüber hinaus spielt das Feuer eine wichtige Rolle für die Atmosphäre im Teeraum.

"Was ist der geheime Grund für die Verwendung des Furo im Sommer und des Ro im Winter?"
"Ruf im Sommer das tiefe Empfinden einer kühlen Frische und im Winter das einer geborgenen Wärme hervor.
Leg die Holzkohle so, dass sie das Wasser richtig erhitzt und bereite einen Tee, der erfreut - das ist das ganze Geheimnis!"
Sen no Rikyû

Für das Nambôroku ist das Feuer von allergrößter Wichtigkeit. Die Kenntnis über das rechte Legen der Holzkohle ist sogar ein O-hiji 大秘事, ein großes Geheimnis. Aber nicht nur für den Gastgeber ist es erforderlich, dieses große Geheimnis zu meistern, auch die Gäste sind in die Geheimnisse des Feuers mit eingebunden. Im 11. Stück des Nambôroku heißt es:

Der Zustand des Feuers in der Morgendämmerung ist von großer Wichtigkeit. Es ist das große Geheimnis der dreifachen Holzkohle (Santan 三炭).
Sôeki sagt:
Es gibt Menschen, die meinen, es genügt, wenn das Wasser früh am Morgen heiß ist und setzen es deshalb schon am Abend vorher auf das Feuer, aber das ist vollkommen falsch. Wenn die Vögel in der Früh zu zwitschern beginnen, erhebe Dich, ordne die Feuerstelle (den Ro) und leg die erste Holzkohle. Dann geh zum Brunnen, schöpf frisches Wasser und bring es in die Mizuya. Wasch den Kama sorgfältig aus, füll ihn mit Wasser und setz ihn auf die Feuerstelle. Das ist die Regel des Teeraumes (茶室の法), die immer beim Tee in der Morgendämmerung gültig ist.
Auch die Gäste richten ihren Sinn auf den Zustand des Feuers und des heißen Wassers, sobald sie den Taubenetzen Pfad 露地 (Roji) betreten. Manchmal, je nach den Umständen erscheinen die Gäste sehr früh, um das erste Legen der Kohle (shitabi no sumi 下火の炭) zu sehen und sich am noch feuchten Kama zu erfreuen.
Für die Gäste und den Gastgeber ist es äußerst schwierig, die Dinge in der Morgenfrühe gut zu gestalten, wenn sie sich nur ungefähr auskennen.

San - Tan 三炭 kann unterschiedlich gedeutet werden. Aus dem Zusammenhang des Nambôroku sind es die erste Legung der Holzkohle als Shitabi 下火の炭, 'unteres Feuer', die ersten Holzkohlelegung in Anwesenheit der Gäste Shôzumi 初炭 und die letzte Holzkohle Gozumi 後炭.

Dem dreifachen Legen der Holzkohle entspricht das dreifache Wässern des Roji, das im Nambôroku Nr. 5 fast mit den selben Worten als wesentlicher Kern, als Schlüssel des Chanoyu bezeichnet wird, das mit nur unzureichender Kenntnis ebenso wie das dreifache Legen der Holzkohle nicht richtig ausgeführt werden kann.

Für Wässern des Roji reicht ungefähre Kenntnis nicht aus. Bei Chanoyu sind die dreifache Holzkohle SanTan 三炭 und der dreifache Tau SanRo 三露 von ausschlaggebenden Bedeutung.

Shitabi no Sumi下火の炭

Shitabi no sumi im Ro
下火の炭
Die Shitabi, wörtlich 'unteres Feuer' sind drei glühende Holzkohlen, die in die Feuerstelle gesetzt werden, nachdem die Asche entsprechend vorbereitet wurde und bevor der Kessel auf das Feuer gesetzt wird. Ihre Hitze reicht nicht aus, um das Wasser schnell genug auf die richtige Temperatur zu bringen, aber sie wärmen die Feuerstelle vor und übertragen später das Feuer auf die neu gelegten Holzkohlen. In der Regel präpariert der Gastgeber die Shitabi, bevor die Gäste erscheinen und setzt dann den frisch gewaschenen Kessel auf die Feuerstelle. Wenn dann gleich darauf die Gäste in den Teeraum kommen, bietet der Kessel, der noch feucht ist und dampft, einen erfrischenden Anblick. Dann wissen die Gäste, dass der Gastgeber unmittelbar vorher ganz frisches und reines Wasser für sie aufgesetzt hat und das Wasser nicht schon lange auf dem Feuer steht.
Das Nambôroku beschreibt zusätzlich eine Praxis, die heute nicht mehr geübt wird. Diese Praxis ist "für Gäste und Gastgeber äußerst schwierig und mit nur ungefährer Kenntnis nicht gut auszuführen". Hier erscheinen die Gäste, bevor der Gastgeber die Shitabi gelegt und den Kessel aufgesetzt hat. Die Schwierigkeit liegt darin, dass der Gastgeber in Anwesenheit der Gäste mit glühender Holzkohle hantieren muss. Bei allen späteren Legungen werden keine brennenden Holzkohlen aufgelegt, die Handhabung ist also wesentlich einfacher. Aber wenn die Gäste beim Legen der Shitabi zuschauen und unmittelbar miterleben, wie der Gastgeber den frische Kessel aufgesetzt, entsteht eine besonders innige Verbindung zwischen Gast und Gastgeber, und sie sind bei allen drei Kohlelegungen gemeinsam um die Feuerstelle versammelt. Die gemeinsame Sorge um das Feuer verbindet Gast und Gastgeber in einer fast mystischen Weise.

Schon wenn die Gäste den "taubenetzten" Pfad betreten, "richten sie ihren Sinn auf den Zustand des Feuers und des heißen Wassers". Allerdings können sie beides nur mit ihren Herzen vernehmen. Das was sie sehen, ist der Gastgeber, der das Tsukubai, das Wasserbecken mit frischem kaltem Wasser füllt, damit sie sich damit Hände und Mund reinigen können. Diese gemeinsame Reinigung ist die erste Handlung, die Gast und Gastgeber gemeinsam begehen, wie es im Nambôroku heißt. Aber schon, wenn sie das kalte Wasser des Tsukubai wahrnehmen und die Reinigung vollziehen, sollen sie ihren Sinn auf den Zustand des Feuers und des heißen Wassers richten.

Shôzumi 初炭

Für das erste Legen der Holzkohle in Anwesenheit der Gäste gelten im Sommer und Winter unterschiedliche Regeln. Im Sommer, wenn es heiß ist, wird zuerst eine kleine Mahlzeit, das Kaiseki gereicht. Während dieser Zeit steht der Kama mit dem Wasser nur auf den drei Shitabi. Nach dem Kaiseki werden weitere Holzkohlen aufgelegt, die das Feuer von den Shitabi übernehmen. Anschließend gehen die Gäste zu einer kleinen Unterbrechung in den Garten. Damit hat das Feuer ausreichend Zeit, das Wasser auf die richtige Temperatur zu bringen. Vor dem ersten Tee, der gereicht wird, ruft der Gastgeber die Gäste mit einem Gong wieder aus dem Garten in den Teeraum, wo jetzt der Kessel auf dem Feuer singt wie der Wind in den Kiefern.

Im Winter muss der Raum zunächst geheizt werden. Deshalb wird der Gastgeber unmittelbar nach der Begrüßung der Gäste die Holzkohlen auf das Feuer legen und dann erst die Mahlzeit servieren.

Während der Vorbereitung hat der Gastgeber die Holzkohlen gewaschen, damit kein Kohlenstaub mehr anhaftet und dann wieder getrocknet. Der Kohlenstaub könnte sich, wenn die Holzkohle erhitze wird und das Feuer von den Shitabi übernimmt, entzünden. Die Funken, die sich dann in einer kleinen Explosion entladen, würden die Stille und Konzentration im Teeraum erheblich stören. Nach dem Trocknen wird die Kohle in einem geeigneten Behälter arrangiert. Meistens nimmt man einen geflochtenen Korb, wie er für Gemüse benutzt wurde. Rikyû liebte es aber auch, einen großen, getrockneten Flaschenkürbis, dessen obere Seite abgetrennt wurde zu benutzen.

Sommer und Winter
Sommer
Im Sommer dient das Feuer und die Holzkohle lediglich dazu, das Wasser auf die richtige Temperatur zu erhitzen. Man will nicht unnötig das Feuer zeigen, weil es ohnehin heiß ist, also das Yang - Element in der Jahreszeit ohnehin überwiegt. Deshalb wählt man gern einen geflochtenen Korb, der sommerlich luftig wirkt und der so hoch ist, dass die Kohle nicht zu sehen ist. Auch der Furo steht erhöht auf dem Boden, so dass die Kohlen aus dem Korb heraus- und nach oben genommen werden können. Im Korb werden weiterhin die Feuerstäbchen, mit denen man die Kohlen handhaben und in das Feuer legen kann, weiße Eda-sumi, weiße Holzkohlen aus Azaleen-Zweigen und ein Behälter mit Dufthölzern vorbereitet, Ringe zum Tragen des heißen Kama und eine Feder zur Reinigung vorbereitet. Auch wenn die Holzkohle im Korb und auch später beim Legen im Furo kaum zu sehen sind, so ist das Feuer dennoch wichtig, um einen guten Tee breiten zu können. Wie schon beim Betreten des Roji richten die Gäste daher ihren Sinn ebenso wie der Gastgeber auf die Kohle und das Feuer. Obwohl die Gäste weder das Feuer noch die Holzkohle sehen können, richten sie ihr ganzes Augenmerk gemeinsam mit dem Gastgeber auf das Legen der Kohle, denn nur ein Feuer das gut brennt und das Wasser richtig erhitzt ermöglicht die Zubereitung eines guten Tee.

風炉の炭 見る ことは なし見ぬとても見ぬこそ猶も見る心 なれ
Furo no sumi miru koto wa nashi minu totemo minu koso naomo miru kokoro nare
Die Holzkohle im Furo ist nicht zu sehen; obwohl sie nicht sehen zu sehen ist, sehen wir sie mit dem Herzen.
Rikyû Hyakushû

Die Sorge um das Gelingen des Feuers vereint die Herzen von Gast und Gastgeber. Aber in der heißen Zeit erspart der Gastgeben seinen Gästen den Anblick des Feuers. Winter
Im Winter ist es wichtig, eine warme und geborgene Stimmung zu erzeugen. Der Teeraum ist noch sehr kühl, wenn ihn die Gäste betreten. Die Wände sind sehr dünn und die papierbespannten Fenster und Türen schützen zwar erstaunlich gut vor der Kälte, aber man spürt die Kälte draußen noch sehr intensiv. Drinnen wird das Feuer gerichtet. Gäste und Gastgeber versammeln sich dicht um die Feuerstelle, wenn der Gastgeber mit dem Legen der Kohle beginnt. In dem sauber hergerichteten Aschenbett glühen die drei Shitabi. Die Holzkohle übernimmt sofort das Feuer von den Shitabi. Sie fängt an zu Knistern und zu Knacken und langsam breitet sich die Glut aus. Wenn dann der Gastgeber zum Schluss die gemahlenen und zu einer feuchten Kugel gekneteten Dufthölzer dicht an das Feuer legt, breitet sich der herbe Duft aus und das gepriesene Land des Buddha scheint sehr nahe.
Der Behälter für die Holzkohle ist niedriger als im Sommer, damit die Kohle zu sehen ist, die dann ins Feuer gelegt wird. So entsteht die Empfindung von Wärme bereits bevor die Kohle überhaupt ins Feuer gelegt wird. Der niedrige Korb behindert auch die Bewegung nicht, wenn der Gastgeber die Kohle heraushebt und dann tief in die eingesenkte Feuerstelle legt.

Feuergerät für Sommer und Winter
Feuergeräte für den Ro Feuergeräte für den Furo
Die Werkzeuge, die Dôgu, unterscheiden sich selbstverständlich bei der Verwendung im Ro oder im Furo. Im Winter ist das Feuer stärker als im Sommer. Darum wird für den Kô , den Duft unterschiedliches Material verwendet. Im Sommer legt man kleine Blättchen aus duftenden Hölzer an das Feuer, z.B. Byakudan, Sandelholz. Das Sandelholz, das in Indien beheimatet ist, erinnert mit seinem frisch süß-herben Geruch an die Heimat des Buddha. Diese Hölzer verwahrt man in einem Kôgo, einem kleinen Behälter aus Lackarbeit. Der schwerer brennbare Kô im Winter, der aus gemahlenen und mit Ölen und Feuchtigkeit gekneteten Dufthölzer besteht, wird aus geheimgehaltenen Mischungen zusammengestellt. Ein berühmter Duft des altehrwürdigen Weihrauchhändlers Kyûkyôdô heißt Shibafune, Grasschiff. Er erinnert an den Duft der kleinen Boote, mit denen man früher auf dem Kamo-Fluß Brennholz und getrocknete Gräser in die Hauptstadt brachte.
Die Feuerstäbchen im Sommer sind vollständig aus Metall geformt. Im Winter, wenn das Feuer stärker ist und der Gastgeber tief in die eingesenkte Feuerstelle reichen muss, haben die Feuerstäbchen Griffe aus Maulbeerbaum Holz. Auch die Federn zum Reinigen der Feuerstelle unterscheidet sich je nach Jahreszeit.

羽箒は風炉に右羽よ炉のときは左羽をば使うとぞしる
"Haboki ha furo ni migiha yo ro no tokiha hidariha woba tsukau tozo shiru."
Als Haboki benutze die rechte Feder für den Fu Ro und die linke Feder für den Ro.
Rikyû Hyakushû

Der Haboki, aus mehreren Federn zusammengebundener Staubwedel zum Reinigen der Feuerstelle unterscheidet sich in der Verwendung der rechten bzw. der linken Federn. Als Federn werden die Flügelfeder großer Vögel, z.B. von Wildenten verwendet. Der Teil der Feder, der im Flügel nach unten außen zeigt, ist etwas breiter, als der Teil der Feder, der in den Flügel hineinwächst. Durch die Verwendung der unterschiedlichen Federn werden Yin und Yang an die jeweilige Jahreszeit angepasst.


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