Duft und Räucherwerk im Buddhismus

Buddha und der Duft

Geburtslegende
Der Duft von Blüten und Räucherwerk, insbesondere Sandelholz, ist ganz eng mit dem Erscheinen des Buddha verbunden. In den Geburtslegenden wird geschildert, wie unmittelbar vor der Geburt wunderbare Zeichen erschienen. Musikinstrumente erklingen am Himmel und auf der Erde, die Bäume aller Jahreszeiten trugen gleichzeitig Blüten und Früchte und aus wolkenloser Luft rieselte ein feiner Regen. Vor allem aber erfüllten köstliche Düfte von Sandelholz und anderen kostbaren Düften die Luft und es regnete feine Blütenblätter.

Lotossutra
Im Lotossutra, das auch den japanischen Buddhismus tiefgreifend beeinflußt hat, wird geschildert, die der Duft der Buddhas die Welt erfüllt. Unermesslich viele Buddhas - wie Sand am Ganges - sind gekommen, um die Botschaft des Lotussutra zu hören.

Ein jeder von den Buddhas ging unter die Juwelenbäume.
Wie Lotosblüten
Einen reinen klaren See schmücken,
So sitzen unter den Juwelenbäumen
Die Buddhas alle auf Meistersitzen.
Mit Glanz und Licht sind sie majestätisch geschmückt.
...
Von Ihrem Leib strömt wunderbarer Duft
In alle Länder der zehn Richtungen.
Die Lebewesen sind, umhüllt vom Duft,
Außer sich vor Freude.

Der Duft, ganz besonders der Duft von Sandelholz, mit dem geräuchert wird, ist das Kennzeichen der Anwesenheit Buddhas.
Das ist sicher eine Reminiszenz an die königliche Herkunft Shakyamunis. In Anwesenheit der Könige wurden Düfte und Räucherwerk benutzt, um den Raum von unangenehmen Gerüchen zu reinigen. Auch dem Jesuskind wird von den drei Weisen aus dem Morgenland als Gabe Weihrauch dargebracht und damit die königliche Herkunft aus dem Hause David und die künftige Erlöserschaft gewürdigt.

Reinigung und Heilung

Das Verbrennen von duftenden Ingredienzen wird in allen Religionen sicher schon seit Urzeiten praktiziert. Der aufsteigende Rauch und der starke Duft verwandeln den Raum in einen abgegrenzten und heiligen Bezirk. Der Rauch vertreibt nicht nur schlechte Gerüche, er reinigt die ganze Umgebung und alle die, die sich im Umkreis des Rauches befinden. In der Orthodoxen Kirche geht der Pope bei bestimmten Zeremonien durch die Reihen der Gläubigen und reinigt sie indem er das Weihrauchfass in ihre Richtung schwenkt und den duftenden Rauch auf sie richtet. Auch im Buddhismus wurde sehr früh das Räuchern als Reinigung gesehen. In China und beeinflußt davon auch in Japan verwendete man das Räuchergefäß, um Dämonen zu vertreiben, die Krankheiten verursachten. Das Räuchern war also geradezu eine Medizin. Heute weiß man wieder, dass Weihrauch nicht nur eine pschychotrope, vielleicht sogar leicht betäubende und harmonisierende Wirkung auf das Befinden ausübt, sondern sogar rein medizinische Wirkungen haben kann. Weihrauch etwa ist das natürliche Harz des großen indischen Weihrauchbaumes (Boswellia serrata). Er gedeiht hauptsächlich in den trockenen Bergregionen Nordost-Indiens. Erstaunlich ist auch die lange Tradition des "heiligen Harzes" in der traditionellen indischen Naturheilkunde des Ayurveda (der "Wissenschaft vom gesunden Leben") seit über 3000 Jahren. Man setzte es innerlich bei chronischen Darmerkrankungen und Hämorrhoiden ein, sowie bei Entzündungen des Mundraums.
Die Ägypter verwendeten Weihrauch im Kultus, zum Einbalsamieren, als Räuchermittel und zu reinigenden (desinfizierenden) Zwecken.

Prinz Shōtoku mit dem Räuchergefäß (egōro)
Das Räuchern war also nicht nur eine rein religiöse Praxis, sondern diente auch der Heilung. Die Wirkung des Duftes vertreibt Ungeziefer und der Rauch kann durchaus desinfizierend wirken. Gerade in der frühen Zeit des Buddhismus in Japan hatten die Riten und Sutren noch einen fast magischen Charakter. Das Singen der Sutren und das Abbrennen von Räucherwerk, dessen Zusammensetzung von der jeweiligen Krankheitsdiagnose abhing, diente duchaus auch der Heilung von Krankheiten.
Prinz Shōtoku, der Begründer des "modernen" Japan, das eine eigene buddhistische Staatverfassung hatte, ist besonders mit der Räucherzeremonie verbunden. Als Shotoku noch ein Knabe war, wurde sein Vater sehr schwer krank. Als alle Gebete und Sutren nicht halfen, räucherte Shōtoku Tag und Nacht mit dem egōro, dem Hand-räuchergefäß, um seinen Vater zu reinigen und zu heilen. Aber alle Gebete und alles Räuchern war vergebens und der Vater starb.
Krankheit und Heilung wurden damals aus buddhistischer Sicht als eine Reinigung angesehen.

Egōro - Räuchergefäß aus dem Schatzhaus Shōsōin - Nara
Herkunft: Seidenstrasse
Detail
Man reinigte duch das rezitieren der Sutren und das Abrennen von Räucherwerk, um ungünstige Einflüsse und Dämonen zu vertreiben, welche die Krankheiten verursachten. Überall vor den Tempeln Japans stehen riesige Räuchergefäße, an denen die Glübigen Räucherstäbchen anzünden und opfern. Dabei fangen sie den Rauch mit den Händen ein und verteilen ihn am ganzen Körper. Das soll die Dämonen vertreiben und Krankeiten heilen, bzw. vor Krankheiten schützen.

Das Reine Land

Der Ort, an dem man die Sutren rezitierte, die Gebete sprach und den Buddha verehrte musste ohnehin zuvor gereinigt werden. Dazu benutzte man kleine Räuchergefäße, die man an einem Stil durch den Raum tragen und so den Rauch verteilen konnte. Noch heute werden im Tōdaiji Tempel in Nara, der den großen Buddha beherbergt, solche Räuchergefäße benutzt. Im Februar und März werden aufwendige Reinigungszeremonien im Nigatsudō, der Halle des zweiten Monats begangen. Die Zeremonien, die mehrere Wochen dauern, sollen von dem Mönch Jitchū in den fünfziger Jahren des 8. Jahrhunderts eingeführt worden sein.
Sockel für einen Kō-Ro
Kōdaiji / Nara
Detail
Nach den Aufzeichnungen der Tempelchronik soll er die Zeremonien währen einer Vison im Lande des zukünftigen Buddha Maitreya zu Ehren der Kannon beobachtet haben. Kernbestandteil der Zeremonien ist die Reinigung des Landes für Kannon. Der Zeremonienmeister leitet die Zeremonien mit dem Räuchergefäß in der Hand. Er reinigt damit das Land, das nun ein "reines Land" ist.

Der ganze Raum der Sutrarezitationen muss gereinigt werden. Deshalb wird dort immer Räucherwerk entzündet. Besonders kostbare Kō-ro - Weihrauch-Öfen - sind im Kōdaiji in Nara aufbewahrt. Ein besonders edles Stück ist aus Holz geschnitzt und wie eine geöffnete Lotosblüte gestaltet. Auf diesem Sockel wurde dann ein Bronzegefäß aufgestellt, in dem die Dufthölzer verbrannt werden können. Bei den Stücken aus dem Kōdaiji kann man noch die Herkunft aus den Ländern der Seidenstraße erkennen. Die Sitte, den Raum mit Weihrauch zu reinigen kommt zusammen mit dem Buddhismus über China nach Japan.