Bodhidharma bringt den Zen nach Osten

Wortlose Weitergabe

Buddha hebt die Blume hoch Als Buddha alt geworden war, hob er eines Tages im Kreise seiner Jünger wortlos eine Lotosblüte in die Höhe. Einzig sein Lieblingsschüler Kasyapa verstand und lächelte.
Nach der Tradition des Zen-Buddhismus hatte Buddha mit dieser wortlosen Geste den Kern seiner Lehre außerhalb jeder mündlichen oder schriftlichen Aufzeichnung weitergegeben. Damit ist Kasyapa der Urvater der wortlosen Überlieferung des Zen.

Später gab Kasyapa das Buddha-Siegel weiter an Ananda, einen anderen der Lieblingsschüler Buddhas. Ananda war mit einem herausragenden Gedächtnis ausgestattet und er diktierte in vielen Jahren Wort für Wort die Lehrreden Buddhas.

Kasyapa und Ananda stellen als zwei Gegenpole zwei sehr unterschiedliche Traditionen des Buddhismus dar.

Kasyapa steht für die Überlieferung ohne Worte, Ananda für die wortgewaltige Fülle der Sutren.

Bodhidharma (Daruma) geht in den Osten.

Über 28 Generationen wurde von nun an das Buddhasiegel ohne Worte in Indien weitergegeben. Der 28. Patriarch Bodhidharma (chinesisch Pu-Ti-Da-Mo, japanisch Daruma), angeblich der Sohn eines südindischen Brahmanen, verließ seine Heimat und machte sich auf nach Osten, nach China um dort die wortlose Überlieferung weiterzugeben.
Nach der Tradition des Zen bestieg er das Schiff und reiste nach Südchina. Dort traf er auf den Kaiser Wu-Di von Liang.

Wu-Di hatte sich große Verdienste um den Buddhismus in China erworben. Er hatte Klöster gegründet, Mönche ernannt und ganze Bibliotheken mit Sutren und anderen buddhistischen Schriften aus dem Sanskrit übersetzen lassen. Ja, Wu-Di hatte sogar selbst Lehrreden in den Klöstern gehalten.

Das erste Beispiel des Hekiganroku gibt den Dialog der beiden wieder, der wie ein Schwertkampf Schlag auf Schlag geführt wird. Wie zu erwarten ist die Kluft zwischen der gelehrten und wortreichen Tradition Wu-Di’s und der Wortlosigkeit Bodhidharmas zu groß, es lässt sich keine Brücke schlagen.

Bodhidharma überquert auf einem Bambusrohr den Yang-dse und geht nach Norden, um oberhalb des Shaolin-Klosters in einer Höhle zu meditieren.

Daruma im Shaolin - Tempel

Der Inder Daruma, in der Höhle meditierend Nach der Legende saß er dort neun Jahre mit dem Gesicht zur Wand und meditierte. Darum nannten ihn die Menschen der Umgebung den „wandbeschauenden Brahmanen“.
Er saß so lange bewegungslos, bis ihm die Arme und Beine abfielen. Darum wird er immer ohne Extremitäten abgebildet. (Arme und Beine bringen den Menschen in Bewegung und reißen ihn aus seiner Mitte.)
Nach einer anderen Geschichte fielen ihm sogar vor Müdigkeit eines Tages die Augenlieder herunter. Als sie auf dem Boden lagen, entstand daraus der Teestrauch. Seit der Zeit können die Mönche ihre Müdigkeit beim Meditieren durch den Genuss von Tee bekämpfen.
„Er richtete keinen Schriftbuchstaben auf; er weist mit ausgestrecktem Finger auf das Herz des Menschen, dass er im Anblick seiner innersten Natur zum Buddha werde!“

 

Weitergabe des Siegels an Eka

Eka bringt Daruma seinen Arm Nach vielen Jahren gab er das Buddhasiegel weiter an den zweiten Patriarchen Hui-ko, japanisch Eka.
Eka hatte lange geübt. Schließlich kam er in einer Winternacht zur Höhle Bodhidharmas, doch der wurde trotz langem Warten nicht auf Eka aufmerksam – er saß mit dem Gesicht zur Wand und meditierte. Schließlich schnitt sich Eka den Arm ab und sagte zu Bodhidharma:
Der Geist Eures Schülers ist nicht in Frieden. Bitte, Meister, beruhigt ihn!"
"Bringt ihn her, Euren Geist und ich will ihn beruhigen!"
"Ich habe ihn überall gesucht, aber ich habe ihn nicht finden können! Ich kann ihn nicht greifen!"
Bodhidharma erwiderte darauf: "Dann habt ihr ihn auch schon befriedet!"

Daruma kehrt heim nach Indien

Daruma auf dem Weg nach Indien, eine Sandale auf dem Rücken Bodhidharma stand in Konkurrenz zu den gelehrten Mönchen, die versuchten, ihren Standpunkt in Streitgesprächen zu verteidigen, sie waren aber immer unterlegen und versuchten ihn mit Gift zu töten. Beim sechsten mal, als Bodhidharma das Geistessiegel an seinen Schüler Hui-ko (Eka) weitergegeben hatte, unternahm er nichts mehr gegen diese Anschläge und starb. Er wurde am Bährenohrenberg begraben. Aber einige Zeit später begegnete er dem Mönch Sung-yün am Zwiebelberg, weit entfernt vom Shaolin. Dort war Boddhidharma mit nur einer Sandale bekleidet auf dem Weg in den Westen. Als der Kaiser von dieser seltsamen Begebenheit erfuhr, ließ er das Grab öffnen. Es wurde kein Leichnam, wohl aber eine einzige Sandale gefunden.