DIE VORBILDER

Einsiedler zur Zeit der Genpei-Kriege Der Rückzug aus der höfischen Welt und ihren Ränken um sich den ästhetischen Übungen und der Verfeinerung hinzugeben, hatte eine reiche Tradition in Japan. Viele Werke der Kunst und Literatur entstammten der Feder von Adeligen, die sich ihren poetischen Übungen hingaben. Die neue Dimension von Kamos Einsiedlerleben war, daß sich dieser Rückzug mit dem buddhistischen Erlösungsgedanken verband.

Das eigentliche Vorbild aber dürfe Vimalakîrti sein. Dieser hatte sich aus dem tätigen Leben in eine Höhle zurückgezogen, wo er bis zu seiner vollkommenen Erleuchtung meditierte. In japanischen Kommentaren zur Vimalakîrti Sutra wurde seine Berghöhle zum hôjô – zu einem Raum von 10 Fuß. Man sah Vimalakirti nicht in der Höhle, sondern in einer kleinen, sparsamen Hütte meditieren. Vimalakirti verweilte aber nicht für den Rest seines Lebens in dieser Hütte: als er vollkommene Erleuchtung erlangt hatte, kehrte er zurück in das Alltagsleben, wo er als erfolgreicher Kaufmann lebte, ohne seine Erleuchtung und Befreiung zu verlieren. Er wurde in der Reinheit seines Erwachens dem Zeitgenossen Gautama, der ihn kannte und ebenfalls hoch schätzte, völlig gleich gestellt. Auch in der Tripura rahasya, einer hinduistischen Sammlung von Schriften, die etwa zur Zeit Kamos entstanden ist, wird derjenige, der die völlige Befreiung und das Eins-Sein mit sich selbst erlangt hat und der diesen Zustand beibehält im Wachen und im Tiefschlaf, sowie in den alltäglichen Geschäften, selbst, wenn er ein großes Reich regiert, als die höchste Stufe des Weisen angesehen.

Kamo wählte nicht nur den Ausdruck hôjô für seine Aufzeichnungen (ki) Hô Jô Ki, sondern erwähnt Vimalakirti auch ausdrücklich: "Deine Hütte entehrt das Andenken des erleuchteten Laienbruders Vimalakirti, dessen Klause sie nachempfunden ist."

Er entehrt das Andenken seines Vorbildes, weil er selbst, wie er beklagt, die Befreiung im Alltag nicht erreicht hat, sondern sein Herz festhält an der Schönheit des vergänglichen Ortes und nicht in der Lage ist, die Freiheit im Alltag des städtischen Lebens unter den Menschen zu leben.


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