KI SA KO – 喫茶去 – Trink Tee! Geh!

Aufwendiger als in der japanischen Teezeremonie kann man Tee wohl kaum zubereiten. Wer das Ritual zum ersten Mal beobachtet, ist beeindruckt, befremdet oder verwirrt. Vielleicht auch alles zusammen.

Eigentlich bereitet der Gastgeber seinen Gästen nur eine Schale Tee zu – allerdings braucht er dafür üblicherweise mindestens eine Stunde. Er trägt die Teegeräte in den Teeraum, wo die Gäste warten, und positioniert sie nach einem exakten Muster. Mit festgelegten Handgriffen faltet er ein Seidentuch, um damit symbolisch die lackierte Teedose und den Teelöffel zu reinigen. Die Teeschale säubert er mit frischem Wasser und einem gesonderten Tuch. Dann wird der Tee bereitet. ….
Doch bei der Teezeremonie geht es gar nicht um die kunstvolle Zubereitung einer Tasse Tee. Es geht eigentlich auch nicht um das korrekte Einhalten von Regeln. Die sind vor allem dazu da, um sie zu vergessen, sobald man sie verinnerlicht hat, um mit der ganzen Konzentration in der Handlung des Teebereitens aufgehen zu können. So soll aus einer Alltagshandlung eine meditative Übung werden, ganz im Sinne des Zen-Buddhismus, der die Teekunst entscheidend geprägt hat.
Im Japanischen ist von einer Zeremonie überhaupt nicht die Rede, sondern vom Teeweg, chado. Cha ist das japanische Wort für Tee; do der Weg, findet sich in vielen japanischen Künsten ….
All diese Künste werden nicht als Fertigkeiten verstanden, die man erlernt und dann beherrscht, sondern als Weg, auf dem man sich ein Leben lang fortbewegt und hinter dem eine ganze Lebenshaltung steht.

So beginnt ein sehr schöner und ausführlicher Artikel von Maike Steenblock über den Teeweg in der neuen Ausgabe der Zeitschrift Effilee, Nr 14, Januar/ Februar 2011, die gerade an den Kiosken erschienen ist, den ich nur zur Lektüre empfehlen kann.
Maike Steenblock war in diesem Sommer ein paar Tage Gast hier im Myoshinan Chadōjo, um für ihren Artikel zu recherchieren.
In der Tokonoma hing der Zen-Spruch 喫茶去 KI SA KO, Trink Tee – Geh!
Manchmal übersetzt man den Spruch: Lass uns Tee trinken! 喫 KI heißt „essen, trinken, rauchen“ und in einer zweiten Bedeutung „mit dem Körper aufnehmen“. 茶 Sa oder Cha (Tscha) gesprochen ist der Tee. KI SA: den Tee trinken oder auch ganz und gar mit dem ganzen Körper in sich aufnehmen. Das meint dann nicht nur die physische Handlung des Trinkens, sondern das EINS – Werden mit dem Tee und dem gesamten Ritual, das mit dem Teetrinken verbunden ist. Beim Tee-Trinken ganz und gar Eins sein mit diesem Augenblick, mit Leib und Seele.
Das dritte Wort des Spruches heißt 去 KO. Es hat mehrere Bedeutungen:
1 fortgehen; weggehen (einen Ort) verlassen; sich entfernen; abhauen; aufbrechen; abfahren; abfliegen; abreisen.
2 vergehen; vorübergehen (Zeit).
3 vergehen; verschwinden; schwinden; nachlassen; abnehmen; weggehen (z.B. eine Gefahr, Krankheit etc.)
4 entfernt sein.
5 vollständig … tun.
6 fernhalten; sich vom Leib halten.
7 sich von seiner Frau trennen; sich scheiden lassen.
8 meiden; vermeiden; umgehen.
9 absagen; ablehnen.
10 Literaturw. Verse von einander trennen (bei Kettengedichten).
Die Bedeutung von KO ist also immer das Weg-Gehen, Verlassen, Loslösen, trennen.
Trink Tee (ganz und gar im Augenblick mit Leib und Seele, und dann, wenn die Zeit für das Teetrinken vorbei ist:) GEH!
Wenn wir etwas tun, sollen wir es mit der ganzen Hingabe und Achtsamkeit tun, zu der wir in der Lage sind. Ist die Zeit für diese Tun vorüber, sollen wir uns lösen und nicht sehnsüchtig am Vergangenen hängen bleiben. Auch das ist Achtsamkeit – zu Gehen, wenn es Zeit ist.

Wir haben viele Stunden Gespräche mit Maike Steenbeck geführt – auch über diesen Zen-Spruch, und auch erste Schritte in den Übungen des Teeweges getan. Es war nicht nur der Besuch einer wissensdurstigen Journalisten, es waren Gespräche von Mensch zu Mensch. Dann stieg sie wieder am kleinen und ländllichen Bahnhof in Igensdorf in den Zug und verschwand. KI SA – KO.

Inzwischen hat sie mir aus dem fernen Hamburg geschrieben, dass sie den Matcha, den pulverisierten Tee, den wir im Teeweg verwenden, immer noch und mit wachsendem Genuss trinkt, wenn auch ohne „Zeremonie“.
Nun ist ihr Artikel im Druck erschienen.
Großes Lob!

Effilee, Nr 14, Januar/ Februar 2011

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